Inhalt
ToggleEs wurde Zucker angepriesen und Essig serviert
Meine Masterarbeit war in der Korrektur.
Ich vertrieb mir die Wartezeit und forstete in den gängigen Job-Portalen. Es fühlte sich ein wenig konfus an. 5 Jahre arbeitete ich auf meinen Master hin. Jetzt wollte ich die Lorbeeren ernten. Doch irgendwie wusste ich nicht so recht, wo ich anfangen soll.
Mein Blick fiel im Jahr 2017 schnell auf Trainee-Stellen. Heute (2023) eine Selbstverständlichkeit, waren diese damals noch ganz besondere Schneeflocken. Ich witterte meine Chance, in eine heißbegehrte Abteilung zu landen. Eine Abteilung, in der sich intern so viele Menschen bewerben, dass es von extern fast unmöglich ist, hineinzukommen:
Die Personalabteilung
So durchforstete ich mehrere Traineeships und kam schnell mit verschiedensten Personaler in Kontakt. Eine Traineeship reizte mich ganz besonders. Ich wollte mich als Trainee Personal für 6 Monate bei einer Arbeitnehmerüberlassung bewerben. Die Annonce verriet nicht viel über meine Aufgaben und Lernschwerpunkte. Ferner fand ich es komisch, dass der Traineeship nur 6 Monate ging. Es wäre aber auch eine Chance, nach 6 Monaten einzusteigen, anstatt nach 12 – 18 Monaten.
Ich rief erstmal bei dem Unternehmen an. Das Ergebnis? Meine Aufgaben wären das Recruiting von Arbeitnehmern zur Arbeitnehmerüberlassung. Ich würde jeden Tag bis zu 3 Vorstellungsgespräche führen und einen Ablaufplan über die 6 Monate, konnte man mir auch nicht nennen.
Ich hatte das Gefühl, komplett verarscht worden zu sein. Zudem langweilte mich alleine die Vorstellung, jeden Tag das Gleiche zu machen. Ich sparte mir die Bewerbung und dachte noch lange über das Gespräch nach. Mir dämmerte, dass es nicht immer vorteilhaft als Student ist, sich für Traineeships zu bewerben. Und wenn ich so einen Berufseinstieg möchte, worauf sollte ich bei der Auswahl achten?
Warum Traineeship nicht gleich Traineeship ist
Zu Deutsch bedeutet Trainee nicht viel mehr als ein Praktikant. Aber wieso suchen deutsche Unternehmen dann nicht einfach Praktikanten nach Studienabschluss? Ganz einfach:
Es hört sich beschissen an
Und da wir eh alles aus der USA klauen, überraschte es nicht, dass es seit einigen Jahren populär ist, nach dem Studium als Trainee zu starten. Man könnte meinen, sobald ein Student einen akademischen Grad in der Hand hat, wird er eingebildet. Im Studium habe ich mich wild auf alle Praktika beworben, die es so gab. Damals passte dies in meinem Stereotyp von einem Studenten.
Ein Student macht ein Praktikum.
Hört sich gut an, oder? Wenn ich darüber nachdenke, nach Abschluss ein weiteres Praktikum zu machen, kommt die eingebildete Alexia zum Vorschein. Denn ein Absolvent macht keine Praktika. Dies berücksichtigen die Unternehmen und tauften Stellen solcher Art schnell um in Traineeships.
Doch ist das wirklich so? Sind Traineeships nichts weiter als ein großes Lügenkonstrukt? Versuchen Unternehmen Akademiker billig einzukaufen? Oder sind Traineeships eine Möglichkeit, steil Karriere zu machen. Was mir nach dem Gespräch mit der Abteilung bewusst wurde: Meine Persönlichkeit hat entschieden, ob eine Traineestelle zu mir passt, oder nicht.
Der folgende Blog-Beitrag hat das Ziel herauszufinden, wann sich eine Traineeship lohnt und wann ein Direkteinstieg zu bevorzugen ist. Hierfür stelle ich dir zunächst die zwei Persönlichkeiten, Taucher und Scanner vor. Anschließend zeige ich dir auf, ob ein Traineeship zu deiner Persönlichkeit passt, oder nicht.
Bist du eine Taucher- oder Scannerpersönlichkeit?
Ziel eines Traineeship ist es, dass der frisch gebackene Absolvent innerhalb eines Unternehmens eine praktische Ausbildung in allen Abteilungen erhält und dadurch schon im Berufseinstieg für seine spätere Tätigkeit vorbereitet wird. Ob dies für dich interessant ist, hängt davon ab, ob du eine Taucher- oder Scannerpersönlichkeit bist.
Scannerpersönlichkeit
Scanner brauchen immer Veränderungen, lieben Experimente und möchten laufend neue Erfahrungen sammeln. Sobald diese ausbleiben, sind Scanner frustriert und langweilen sich. Dieser Persönlichkeitstyp hat Lust, Dinge zu testen und neugierig zu sein. Trotzdem bleiben sie sehr selten bei einer Sache hängen. Sie scannen eben. Alles ein bisschen, aber nichts zu 100 Prozent.
Denn bevor die 100 Prozent erreicht sind, fangen Scanner an, sich zu langweilen. Projektmanager oder Projektleiter besitzen oft Scannerpersönlichkeiten. Diese jonglieren meist mehrere Projekte gleichzeitig. Sobald Projekt X fertig ist, arbeiten sie überwiegend schon an Projekt Y.
Taucherpersönlichkeit
Taucher würden sich mit mehreren Projekten zur selben Zeit nicht wohlfühlen. Sie lieben es, sich in ein bestimmtes Thema stundenlang hinabzutauchen. Taucher möchten nicht in vielen Dingen gut sein. Es reicht ihnen, Experte in einem Thema zu sein. Oft finden wir Taucherpersönlichkeiten in Doktoranden oder spezialisierten Ärzten wieder.
Ich selbst bin der geborene Scanner. Ich liebe es 1000 Projekte gleichzeitig zu managen und verliere schnell das Interesse, wenn zu schnell Routine aufkommt. Das erklärt zumindest meine häufigen Jobwechsel nach Studium.
Doch was haben diese Persönlichkeiten jetzt Traineeships zu tun?
Für manche Positionen lohnen tiefe Einblicke in das Unternehmen oder in bestimmte Abteilungen. Weißt du jetzt schon, dass du ein Taucher bist und tief in ein bestimmtes Thema hineintauchen möchtest, ist ein Traineeship lohnenswert.
Einstiegsprogramme sind Goldwert, um gezielt Fach- und Führungskräfte auszubilden. Du entwickelst dich also zu einem Experten und wirst mit deinem Know-how zum Spezialisten auf deinem Gebiet. Oder du möchtest die klassische Karriereleiter hochsteigen und dich ganz der Verantwortung als Führungskraft widmen. Auch hier können dich klassische Traineeships darauf vorbereiten.
Bist du allerdings (wie ich) der klassische Scanner-Typ, könnten dich vertiefende Traineeships schnell langweilen. Ich empfehle, dich erst einmal auszuprobieren, nicht zu lange in einem Job hängenzubleiben und kontinuierlich den Arbeitsmarkt zu scannen. Denn die heutigen Abiturienten arbeiten später in Jobs, die es zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht gibt.
Daher ist es wichtig, den Überblick des Arbeitsmarktes als Scanner nicht verlieren.
Dein erstes Gehalt ist das Wichtigste deiner gesamten Karriere. Überlasse nichts dem Zufall und nutze den Spickzettel, um souverän auf das Totschlagargument „Ohne Berufserfahrung zahlen wir nicht so viel“ zu reagieren.
Wie erkenne ich, ob eine Trainee-Stelle zu mir passt?
Manche Taucher und Scanner von euch könnten jetzt argumentieren, dass es doch allgemein gehaltene Traineeships gibt. Hier wird dir die Möglichkeit geboten, in 12 – 18 Monaten mehrere Abteilungen zu durchlaufen. Damit erhältst du einen Einblick in verschiedene Fachbereiche und Tätigkeitsfelder. Ziel ist es, dass du so besser abschätzen kannst, welcher Job zu dir passt.
Klingt doch erstmal super, oder? Hier könnte also sowohl der Scanner, als auch der Taucher profitieren. Jedoch bieten Traineeships eine Menge Nachteile für Absolventen, die berücksichtigt werden sollten.
Die Nachteile von Traineeships
- Ein Traineeship ist immer noch schlechter bezahlt, als Direkteinstiege.
Im Blog-Beitrag Trainee Gehalt habe ich bereits analysiert, wo du nach Studium am meisten verdienen könntest. Traineeships werden, laut meiner Recherche, durchschnittlich schlechter bezahlt, als Direkteinstiege. Möchtest du nach Abschluss weitere 12 – 18 Monate mit Quasi-Praktikantengehalt herumlaufen? Die erste richtige Kohle, die dann deine Leistung widerspiegelt, kommt mit Ende 20 / Anfang 30. Der Vorteil eines Direkteinstieges wäre hier, gleich mehr zu verdienen und so einen höherenStundenlohn herauszuschlagen.
- Auch im Direkteinstieg können Scanner und Taucher ihre Persönlichkeit austoben
Was viele Scanner-Persönlichkeiten vom Direkteinstieg abhält, ist die Angst zukünftig nur noch eine Tätigkeit auszuführen. Die Befürchtung ist groß, in einem Job zu landen, der nicht gefällt. Weiterhin höre ich von vielen Absolventen, dass diese im Lebenslauf nicht zu viele Jobwechsel vorweisen möchten. Potenzielle Arbeitgeber könnten daraus schlussfolgern, dass es der Absolvent nicht lange in einer Position aushält.
Ich möchte dir in diesem Blog-Beitrag hiervon die Angst. Seit meinem Berufseinstieg im Jahr 2018 habe ich, bis jetzt, (2023) 3 Mal das Unternehmen gewechselt. Mitte 2023 habe ich ferner intern das Team gewechselt. Noch nie hatte ich das Gefühl, dass meine Jobwechsel nicht gut ankamen.
Im Gegenteil: Meine Beweggründe für den Jobwechsel waren authentisch und nachvollziehbar. Auch schlechte Berufsentscheidungen können Personaler nachvollziehen, wenn diese sauber reflektiert wurden.
Meine Empfehlung an die Scanner
Als Scanner dauerte es im Durchschnitt 2 Jahre, bis ein Job mich langweilte. Ich durchlief Projekte, die sich wiederholten und merkte schnell, wann meine Lernkurve abflachte. Das frustrierte mich, denn irgendwann freute ich mich nicht mehr, ins Office zu fahren oder den Rechner im Home Office zu starten.
Nicht mal das beste Team der Welt oder die besten Rahmenbedingungen, wie flexible Arbeitszeiten oder Home Office können, lahme Arbeitsaufgaben wettmachen. Ein Traineeship hätte mir hier nicht wirklich weitergeholfen. Denn spezialisierte Traineeships hätten mich noch schneller gelangweilt. Allgemeine Traineeships hätten mir weniger Gehalt eingebracht, als Direkteinstieg.
So fand ich auch im Direkteinstieg eine Möglichkeit, meine Scannerpersönlichkeit zufriedenzustellen. Wie ich das angestellt habe? Ich habe das Gespräch mit meiner Führungskraft gesucht.
Ich empfehle dir immer das Gespräch mit deiner Führungskraft zu suchen, sobald du ein Störgefühl, bezüglich deiner Arbeitsaufgaben hast. Sollte in deinem Job schnell Routine einkehren? Bespreche lieber mit deiner Führungskraft, welche verantwortungsvollen Projekte du übernehmen kannst.
Vernetze dich gut im Unternehmen, um bei neuen Chancen, als Erster mit im Boot zu sein. So kannst du Einfluss auf die Arbeitsaufgaben in deinem Job nehmen und deine Scannerpersönlichkeit zufriedenstellen, ohne ständig den Job zu wechseln.
Kann dich deine Führungskraft hierbei nicht unterstützen, wäre ein Jobwechsel eine Möglichkeit.
Meine Empfehlung für Taucher
Taucher verlieren sich gerne in Aufgaben und Themengebieten. Dies kann zum Problem zu führen. Denn in der heutigen Arbeitswelt 4.0 braucht es Allroundtalente. Ein spezialisiertes Traineeprogramm, kann hier sehr gut helfen, deine Taucherpersönlichkeit zufriedenzustellen. Ein allgemein gehaltenes Traineeship kann ich hier nicht empfehlen.
Aber auch im Direkteinstieg kannst du deine Persönlichkeit ausleben, ohne 12 – 18 Monate an einer Traineeship zu verbringen. In vielen Unternehmen gibt es die Möglichkeit, sich zum Experte weiterzuentwickeln. Fachliche Experten sind gerne gesehen, sodass du in Absprache mit deiner Führungskraft zu einem Know-How-Träger in deinem Unternehmen werden kannst.
Möglichkeiten, dich als Experte zu positionieren
- Du könntest fachlicher Ansprechpartner für bestimmte Themen, wie agiles Arbeiten, oder Arbeitswelt 4.0 werden
- Du kannst als Multiplikator arbeiten, indem du gewisse Themen in andere Bereiche multiplizierst
- Du kannst in Absprache mit der Personalentwicklung Trainings und Vorträge zu bestimmten Themen halten
Du siehst, auch ohne Traineeship könntest deine Taucherpersönlichkeit voll ausleben. Kennst du bei Studienabschluss bereits deine Passion, könnte ein spezialisiertes Traineeship sehr gut dazu passen.
Que Vadis Traineeship
Ich denke, dass Traineeship auch zukünftig für Absolventen hoch im Rennen sein werden. Trotzdem befürchte ich, dass viele Akademiker die Traineeships durchziehen, auch wenn sie merken, dass die Stelle nicht zu ihrer Persönlichkeit passt. Umso wichtiger ist es sich nach Studienabschluss Gedanken zu machen, welche Ansprüche man an eine Stelle hat, unabhängig von Traineeship oder Direkteinstieg.
Denn deine Karrierentscheidungen im Berufseinstieg haben Auswirkungen auf so vieles in deinem Leben, auch auf deine Finanzen.
Was meinst du? Bist du ein Scanner- oder Tauchertyp? In wie weit hat sich deine Meinung zu Traineeships verfestigt oder geändert, seit Lesen dieses Blog-Beitrages? Hinterlasse uns gerne einen Kommentar.